Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, FDP, SPD und UWG
im Rat der Stadt Siegen

Gemeinsamer Antrag zur Sitzung des Rates der Stadt Siegen am 08.03.06


Resolution des Rates der Stadt Siegen


Sehr geehrte Damen und Herren,

die neue Landesregierung plant umfangreiche Kürzungen, vor allem in den Bereichen der Jugend- und Sozialpolitik. Betroffen sind zahlreiche große und kleine Träger, die bislang einen bedeutenden Baustein für unsere über Jahre hinweg gewachsene soziale Infrastruktur in der Stadt Siegen bildeten. Unsere Stadt ist von diesen Kürzungen erheblich betroffen, wenngleich noch nicht überall die detaillierten Auswirkungen feststehen.

Als erstes und sehr bedeutendes Projekt steht derzeit das Siegener Frauenhaus in der Diskussion. Der Presse waren die drastischen Auswirkungen, die die geplanten Mittelstreichungen auslösen können, zu entnehmen.

Vor diesem Hintergrund bringen die unterzeichnenden Fraktionen als Resolution nachfolgenden Beschlussvorschlag zur Entscheidung in den Rat der Stadt Siegen am 8. Februar 2006 ein:


"Rücknahme der  Kürzungen von Personalzuschüssen  für Frauenhäuser!"


Der Rat der Stadt Siegen beschließt:

1. Die Landesregierung NRW wird aufgefordert, ihre Kürzungsvorschläge im Kapitel 11030, Titelgruppe 61, Unterteil 1 "Zuschüsse zu den Personalkosten an Träger von Zufluchtsstätten für misshandelte Frauen" des Landeshaushaltes für 2006 zu überdenken und zurück zu nehmen.

2. Die Landesregierung wird darüber hinaus aufgefordert, auch zukünftig ausreichend Finanzmittel für bedarfsgerechte und flächendeckende Angebote von Zufluchtsstätten für misshandelte Frauen und Kinder (Frauenhäuser) zur Verfügung zu stellen und die Personalkostenbezuschussung mindestens im derzeitigen Umfang abzusichern.


Zur Begründung:

Das Land fördert derzeit 63 Zufluchtsstätten für Frauen und Kinder (Frauenhäuser) - davon auch eins bei uns in Siegen -, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Die Frauenhäuser haben bisher Landeszuschüsse in Höhe von 60 % bis 80 % der tatsächlichen Personalkosten für vier Personalstellen erhalten. Frauenhäuser sind unverzichtbarer Bestandteil des Hilfesystems für Opfer von häuslicher Gewalt. Sie bieten von Gewalt betroffenen oder bedrohten Frauen schnell und unbürokratisch Schutz vor ihrem gewalttätigen Partner.

Durch Beratung im Wege der Hilfe zur Selbsthilfe stärken sie die Frauen, eine eigenverantwortliche Entscheidung über ihre weitere Lebensgestaltung zu treffen. Die vielfältige Hilfe und Unterstützung richtet sich auch an die Kinder der betroffenen Frauen, die auf Grund der erlittenen Gewalterfahrungen traumatisiert sind. Für fast 5.000 Frauen und ebenso viele Kinder sind die Frauenhäuser in NRW jährlich der einzige Zufluchtsort.

Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, auch weil neue Aufgaben hinzukamen. Frauenhäuser bieten nicht nur Schutz und Hilfe. Sie tragen durch ihre Öffentlichkeitsarbeit zur Sensibilisierung der Gesellschaft für die Gewaltproblematik bei. Neben der Vernetzung und Kooperation an Runden Tischen zu häuslicher Gewalt, ist derzeit die Begleitung und Umsetzung der Hartz IV-Gesetzgebung sehr zeitintensiv. Das Siegener Frauenhaus  hat zudem - wie einige andere Frauenhäuser auch - die Aufgabe der Beratung und Betreuung von Frauen im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes übernommen und führt Polizeischulungen durch.

Die Landesergierung plant jetzt, die Personalkostenzuschüsse der Frauenhäuser um 30 % zu kürzen, was zukünftig faktisch dem Wegfall der 2. Fachstelle zur Betreuung der Frauen im Frauenhaus entspricht. Die absehbaren Folgen für die gewaltbetroffenen Frauen und Kinder sind fatal, denn es droht eine Reduzierung der Frauenhausplätze um 20 % bei derzeit gleichbleibend hohen bzw. steigenden Belegungszahlen. Nach Aussagen des zuständigen Ministeriums besteht fachlich an der Notwendigkeit der Frauenhäuser keinerlei Zweifel, lediglich das Diktat der Finanzpolitik zwinge zur Streichung in diesem Bereich.

Weder die Frauenhäuser selbst, noch die Kommunen sind in der Lage, die geplanten Mittelkürzungen aufzufangen. Ein Rückzug aus der Schutzpflicht gegenüber den Opfern von häuslicher Gewalt ist politisch verantwortungslos. Darüber hinaus ist die Kürzungsabsicht in diesem Bereich volkswirtschaftlich kurzsichtig, da die Folgekosten - insbesondere die gesundheitlichen Folgen von erlebter Gewalt - die geplanten Einsparungen um ein Vielfaches übersteigen werden.


Siegen, den 08. Februar 2006


Die Vorsitzenden der im Rat der Stadt Siegen vertretenen Fraktionen:

Michael Groß
(BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN)

Klaus-Volker Walter
(F.D.P.)

Detlef Rujanski
(SPD)

Hans-Günter Bertelmann

(UWG)

Beratungsergebnis im Rat: einstimmig dafür, Enthaltung der CDU-Fraktion

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