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Antrag zur Sitzung des Rates der Stadt Siegen am 27.06.2012
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mues,
wir bitten Sie, folgenden Beschlussvorschlag in der Sitzung des Rates der Stadt Siegen am 27.06.2012 zur Diskussion und Abstimmung zu stellen:
Beschlussvorschlag
Begründung
Der Ausbau von Spielhallen in unserer Stadt geht ungebremst weiter und wird weiter Menschen in materielle Not und Spielsucht treiben. Laut einem Betreiber von Spielhallen seien ja nur 1% der Besucher spielsüchtig - für uns eine erschreckende Zahl.
Wie groß das Problem wirklich ist, zeigt folgende Information der Landesfachstelle Glücksspielsucht: Der deutsche Glücksspielmarkt, der ein breit gefächertes Angebot umfasst (Lotterien, Sportwetten, Casinospiele, Geldspielautomaten etc.), verzeichnet in den letzten Jahren steigende Umsätze. Die öffentlichen Einnahmen übersteigen seit 1998 sogar die Einnahmen aus der Alkoholsteuer. Parallel dazu hat sich die Glücksspielsucht zu einem ernsthaften Problem entwickelt und wurde inzwischen als eigenständiges Krankheitsbild innerhalb der psychischen Störungen anerkannt. Schätzungen zufolge sind in NRW rund 30 000 Menschen von dieser Sucht betroffen. Hinzu kommen Personen aus dem familiären bzw. sozialen Umfeld, die erheblich mit betroffen sind und nicht selten schwerwiegende eigene psychische Störungen entwickeln, die einer Behandlung bedürfen.
Eine nähere Begründung erfolgt mündlich.
Beratung im Rat
4.1 Spielhallen im Siegener Stadtgebiet
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
dazu: Antrag der SPD-Fraktion
Herr Groß führt aus, die Statistik weise für NRW ca. 30.000 Spielsüchtige aus. Nach Erkenntnissen der Landesfachstelle für Gewinnspielsucht fallen zunehmend junge Leute in diese Gruppe. Es sei das Anliegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN solche Schicksale zu vermeiden. Daher solle zunächst eine Zusammenfassung aller Möglichkeiten erstellt werden, mit welchen Instrumenten der Auswuchs an Spielhallen eingedämmt werden kann. Den Antrag der SPD-Fraktion auf Erstellung eines Gutachtens zur Untersuchung des Trading-Down-Effekts sehe er diesbezüglich als Ergänzung.
Die Ziffer 2 des Antrags seiner Fraktion bitte er vor dem Hintergrund laufender Rechtsverfahren dahingehend ergänzen, dass vor einer Anhebung des Vergnügungssteuersatzes der Ausgang des derzeitigen Rechtsstreites in der ersten Instanz abgewartet wird.
Herr Baumeister berichtet dazu, mit einem Steuersatz von 18 % nehme die Stadt Siegen eine Spitzenposition in NRW ein. In der zurückliegenden Diskussion über die Erhöhung habe die Verwaltung mit einer gewissen Berechtigung auf eine obergerichtliche Entscheidung hingewiesen, dass bei einer unter individuellen Betrachtungsweisen vorgenommenen Beurteilung ein Steuersatz von 19 % als zulässig angesehen werden kann. Nach der Anhebung des Steuersatzes im letzten Jahr auf 18 % seien 9 Klagen vor dem VG Arnsberg erhoben worden. Insbesondere gehe es den
Klägern darum zu dokumentieren, dass mit dem hohen Satz eine Erdrosselungswirkung erzeugt werde, die letztendlich die Betreiber der Spielhallen in ihrer Existenz gefährde. Daher wäre ein erneuter Schritt zur Anhebung zum derzeitigen Zeitpunkt kontraproduktiv.
Bezug nehmend auf den Ergänzungsantrag der SPD-Fraktion verweist Herr Rujanksi auf verschiedenste Ansätze in der Vergangenheit, so auch die Gebührenerhöhung, die jedoch nicht erfolgreich waren. In diesem Zusammenhang sei die SPD-Fraktion auf den sog. Trading-Down-Effekt gestoßen. Um einschätzen zu können, ob dieser Effekt in Weidenau und Geisweid bereits festzustellen ist, sollte vorbereitend in Erfahrung gebracht werden, ob und zu welchen Konditionen entsprechende Gutachter eingeschaltet werden können.
Generell würde die SPD-Fraktion der Erhöhung des Steuersatzes auf 19 % zustimmen. Bedauerlich sei aus Sicht der SPD-Fraktion, dass auf Bundesebene das Thema anders behandelt und nicht auf Restriktion, sondern auf Selbstkontrolle gesetzt werde.
Die Anträge seien inhaltlich unbestritten, so Frau Höpfner-Diezemann. Bei Recherchen habe sie erfahren, dass die Anzahl der Spielhallengeräte innerhalb von zwei Jahren um 18 % zugenommen habe. Daher könne ihres Erachtens von einer Erdrosselungswirkung keine Rede sein. Die fatalen Folgen der Spielsucht seien allen bewusst und treffen nicht nur die Spieler, sondern auch deren Familien. Auffallend sei sowohl die hohe Anzahl an Leerständen als auch die hohe Zahl der Spielhallen in Geisweid. Ob und wie ein Zusammenhang bestehe, könnte durch die angeregte Untersuchung
geklärt werden.
Die UWG-Fraktion habe bei der letzten Steuererhöhung vor Klagen gewarnt, so Herr Bertelmann und die Auffassung vertreten, dass das eigentliche Problem mit diesem Instrument nicht behoben wird. Einvernehmen bestehe darin, dass eine derart hohe Anzahl an Spielhallen nicht gewollt sei. Trotz Erhöhung der Vergnügungssteuer sei aber festzustellen, dass weiter geplant werde. Worauf der Rat nicht eingehe sei der Verdrängungswettbewerb, der zu Lasten der kleinen Spielhallen gehe. Einer weiteren Erhöhung des Steuersatzes werde die UWG-Fraktion nicht zustimmen und bitte daher
um getrennte Abstimmung.
Herr Walter erklärt, die FDP-Fraktion werde dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen, bitte aber, die Fachausschüsse einzubeziehen. Die Anhebung des Steuersatzes habe de facto keinen Erfolg gehabt, sonst stände das Thema heute nicht wieder auf der Tagesordnung. Die Höhe der Vergnügungssteuer sei kein geeignetes Regulativ, die Zeche bezahlen im Grunde nur die Spieler. Daher werde die FDP-Fraktion diesem Punkt nicht zustimmen.
Auch Herr P. Schulte sieht die Erhöhung des Steuersatzes nicht als Lösung, führt dies aber auf die Rechtslage zurück, die zulässt, mit der Sucht von Menschen Geld zu verdienen.
Der Verdrängungswettbewerb werde durch eine Steuererhöhung nicht eingehalten, so Frau Jung. Die Mehreinnahmen sollten jedoch wieder für Maßnahmen zur Suchtprävention eingesetzt werden.
Herr Gräbener führt aus, der im Antrag der SPD-Fraktion angesprochene Trading-Down-Effekt habe seines Erachtens verschiedene Ursachen. Die hohe Zahl der Leerstände sei Teil einer ungesteuerten Stadtentwicklung. An dieser Stelle müsste, z. B. über Gestaltungssatzungen, stärker Einfluss auf die soziale Entwicklung der Stadtteile genommen werden. In diesem Sinne appelliere er, den Fokus nicht nur auf Siegen-Mitte zu richten.
Herr Hahn vermisst im Antrag der SPD-Fraktion das Problem der Fehlbelegung und wirbt für eine breitere Betrachtung.
Herr Kamieth sieht in dem Vorschlag, den Steuersatz um 1 % zu erhöhen eine unnötige Selbstbeschränkung. Der Rat sollte das maximal Zulässige fordern. Der Antrag zur Begutachtung des Trading-Down-Effekts schließe darüber hinaus das Aufzeigen von Lösungsvorschlägen im Grunde aus, sollte dies aber mit einbeziehen.
Herr Baumeister stellt fest, dass über die Steuergestaltung alleine das Problem nicht gelöst werde. Der Ansatz über das Planungsrecht sei sinnvoll, aber schwer zu realisieren, da die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen den Kommunen keine Handhabe bieten. Daher sei die Politik auf dieser Ebene gefordert, gesetzliche Veränderungen in die Wege zu leiten.
Frau Strunk weist darauf hin, dass die Landesfachstelle nicht nur die Betreuung der Betroffenen als Aufgabe habe, sondern sich auch mit den Strukturen befasse. Daher sollte auch dort der Kontakt aufgenommen werden.
Frau Flohren hält abschließend fest, dass die Anträge und die Diskussionen auch dazu dienen, öffentlich zu dokumentieren, dass der Auswuchs an Spielhallen nicht akzeptiert wird.
Beschluss:
Der Rat der Stadt Siegen beauftragt die Verwaltung bis zum 30.09.2012 darzulegen, welche baurechtlichen oder sonstigen Maßnahmen möglich sind, um den Bau bzw. die Einrichtung weiterer Spielhallen im Stadtgebiet zu verhindern bzw. den Bereich insgesamt neu zu regulieren.
Beratungsergebnis: Einstimmig dafür, 1 Enthaltung
Der Rat der Stadt Siegen hebt die Vergnügungssteuer, unter Berücksichtigung des Ausgangs der erstinstanzlichen Rechtsprechung, zum nächst möglichen Zeitpunkt im einen Prozentpunkt auf dann 19 % an.
Beratungsergebnis: Mehrheitlich dafür (10 Stimmen dagegen (FDP, UWG)),
1 Enthaltung (FDP)
Der Rat der Stadt Siegen beauftragt die Verwaltung, geeignete Gutachter zu suchen, die die Stadtteile Geisweid und Weidenau aufgrund der sehr hohen Anzahl der dort vorhandenen Spielhallen auf den sogenannten Trading-Down-Effekt untersuchen können und bis zum Ende des 3. Quartals 2012 Angebote für ein solches Gutachten einzuholen, damit entsprechende Auswirkungen für den Haushalt 2013 berücksichtigt werden können.
Beratungsergebnis: Einstimmig dafür, 1 Enthaltung (FDP)
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