Novellierung des Denkmalschutzgesetzes und die Bedeutung der Änderungen für die Stadt Siegen und deren denkmalpflegerischen Aufgaben
Anfrage zur Sitzung des Bauausschusses der Stadt Siegen am 02.06.2021
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
in einer Zeit, in der Veränderungen so rasant vollzogen werden, braucht es einen kulturellen Anker. Wir haben das Bedürfnis, uns mit dem zu identifizieren wo wir geboren und aufgewachsen sind. Die markanten und über viele Jahre bewahrten Denkmäler geben vielen Menschen dieses Heimatgefühl. Deshalb sind der Schutz und die Pflege von Denkmälern essenziell und nach wie vor wichtig. Es geht um den möglichen Verlust der unverwechselbaren Gesichter unserer Stadt und der angrenzenden Dörfer, wenn sich das Verständnis von einem Denkmal was schützen gilt hin zu einem Objekt dessen Wert vor allem an seiner Nützlichkeit bemessen wird verändert.
Die angekündigte Gesetzesnovelle zum Denkmalschutz in NRW hat das Ziel, Verfahren zu vereinfachen, z.B. durch Umlegung der Zuständigkeit in die Kommunen. Wir sehen die Gefahr, dass schutzwürdige Objekte eben aufgrund dieser Vereinfachung nicht hinreichend geschützt werden können, gerade wenn besondere Investoreninteressen vorliegen. Die Abschaffung der Benehmensherstellung in der Denkmalpflege birgt die Gefahr, dass die eh schon überlasteten Mitarbeiter*innen der Verwaltung mit dieser Verantwortung über die Maße zusätzlich belastet werden könnten. Die Fachämter der Landschaftsverbände haben über Jahre hinweg mit ihren ausgebildeten Experten und Expertinnen die nötigen Ressourcen, die für das Entdecken, Untersuchen und Erfassen von schützenswertem Gut notwendigen Expertisen zu erstellen. Das hat bisher gut funktioniert.
Im Hinblick auf die in der Novellierung geplanten Änderungen stellen wir folgende Fragen:
Wie will die Verwaltung zukünftig die Belange des Denkmalschutzes sicherstellen? Antwort der Verwaltung: Sollte der Gesetzesentwurf in der vorliegenden Form beschlossen werden, steigt der Bedarf an fachspezifischem Personal in der Unteren Denkmalbehörde (UDB), sowie an speziellen Weiterbildungen und Schulungen, um der rechtssicheren Erledigung der Aufgaben gerecht zu werden. Dies begründet sich in den geplanten Änderungen der Zuständigkeitsverteilung zwischen der Denkmalfachbehörde LWL- und der städtischen UDB. Das LWL hat bisher neben Beratungen und Rücksprachen auch kritische Entscheidungen getroffen und entsprechendes Fachpersonal dafür vorbehalten.
Mit welchem Personalbedarf rechnet die Verwaltung, um die Aufgabe sachgerecht zu erledigen (aktueller Stellenanteil, zukünftig notwendiger Stellenanteil)? Antwort der Verwaltung: Aufgrund des ungewissen zukünftigen Arbeitsaufwands ist aktuell keine konkrete Bemessung des Personalbedarfs möglich. Die UDB schätzt im Falle der Novellierung den Bedarf grob auf 4 bis 5 Vollzeitstellen, die sich aus ArchitektInnen bzw. KunsthistorikerInnen und VerwaltungsmitarbeiterInnen (idealerweise mit juristischer Ausbildung) zusammensetzen. Derzeit sind zwei Dipl.-Ing. Architektur mit jeweils 0,5 AK sowie eine Verwaltungskraft mit 0,5 AK in der UDB beschäftigt. Eine weitere Stelle 1,0 AK Dipl. Ing. Architektur wurde zusätzlich geschaffen und wird noch in diesem Herbst besetzt. Damit sind die Personalressourcen der UDB in den letzten drei Jahren von 1,5 AK auf 2,5 AK gewachsen.
Welche Qualifikation hat aktuell das Personal, das die Aufgabe zur Zeit erledigt und welche Qualifikation wird zukünftig notwendig sein? Antwort der Verwaltung: Neben den vorhandenen, durch Studium bzw. Verwaltungsausbildung erworbenen Qualifikationen sind künftig im Falle der Novellierung denkmalspezifische Weiterbildungen (bspw. Ergänzungsstudium oder Fachseminare) erforderlich. Die geplante Aufhebung der Benehmensherstellung mit den Fachexperten des LWL-DLBW macht es einer Kommune sehr schwer, rechtssichere und fachrichtige Entscheidungen zu treffen. Ggf. wird zusätzlicher juristischer Sachverstand notwendig, um den komplexen juristischen Anforderungen des Denkmalrechts gerecht zu werden.
Welche Kosten werden von der Verwaltung für die Aufgaben in der Denkmalpflege zukünftig erwartet? Antwort der Verwaltung: Die durch eine mögliche Gesetzesänderung entstehenden, zukünftigen Kosten (voraussichtlich für Personal, Schulungen, Weiterbildungen und Software) können aktuell nicht beziffert werden.
Sieht die Verwaltung die Gefahr von Interessenskonflikten zwischen Bauamt und der Denkmalpflege? Antwort der Verwaltung: Es gibt keinen Interessenkonflikt zwischen der UDB und der Bauaufsicht, da die UDB integraler Bestandteil der Bauaufsicht ist.
Wie schätzt die Verwaltung die Gefahr ein, von Immobilieneigentümer*innen verklagt zu werden, wenn sie Veränderungen an denkmalgeschützten Bauten nicht genehmigt bekommen? Wächst der Druck auf die Stadt mit der Gesetzesnovelle? Antwort der Verwaltung:An den Verwaltungsakten zu Unterschutzstellungen bzw. denkmalrechtlichen Erlaubnissen und der Möglichkeit der Eigentümer, Rechtsmittel einzulegen, ändert sich nichts. Die größte Zahl der Eigentümer ist dankbar über die städtische denkmalfachliche Beratung und Begleitung. Sie haben ein Interesse daran, ihre Baudenkmäler zu erhalten, zu pflegen und zu nutzen. Bauliche Veränderungen sind aus denkfachlicher Sicht in Abstimmung bzw. in Abwägung möglich. Ob es mehr Klagen von Eigentümern geben wird, weil durch den Wegfall der Benehmensherstellung eine rechtlich nicht haltbare Entscheidung seitens der Verwaltung unterstellt wird, ist ungewiss. Die fehlende Unterstützung und Erfahrungen sowie der fachliche Rückhalt der ausgebildeten Experten für Denkmalrecht, Fachgewerke etc. vom LWL werden Entscheidungen und Stellungnahmen jedenfalls deutlich erschweren.
Wie will die Verwaltung mögliche Konflikte in der Einschätzung eines möglichen Baudenkmals lösen? Antwort der Verwaltung: Die Verwaltung wird sich (wie bisher auch) nach Kräften bemühen, die fachlich richtigen Entscheidungen zu treffen.
Plant die Verwaltung eine Stellungnahme zur Novelle z. B. im Rahmen der kommunalen Spitzenverbände dazu abzugeben? Antwort der Verwaltung:Die Verwaltung schließt sich der umfangreichen und kritischen Stellungnahme des LWL an bzw. hat dies im Zuge verschiedener kommunaler Verbände bereits getan. Zudem hat die Regionalgruppe Südwestfalen der Arbeitsgemeinschaft historischer Stadt- und Ortskerne, deren Vorsitz Stadtbaurat Henrik Schumann innehat, eine ebensolche kritische Stellungnahme zur geplanten Novellierung abgegeben.