Siegen, 18.06.2004
        

veröffentlichter Brief an den Bürgermeister der Stadt Siegen
Betr.: Sitzung der Gesellschafterversammlung der SVB am 16.06.2004


Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

hiermit fordern wir Sie auf, das Abstimmungsverhalten der Vertreter der Stadt Siegen zu TOP 2 in der oben genannten Sitzung der Gesellschafterversammlung zu beanstanden.

Zur Vorgeschicht und zum Verlauf der Sitzung

Die Sitzung war für 15.30 Uhr terminiert, die anschließende Sitzung des HFA für 16.00 Uhr. Gemäß Vorlage, die die Mitglieder der Gesellschafterversammlung erst einen Tag vor der Sitzung erhielten, sollten in dieser halben Stunde neben den üblichen Formalia folgende Punkte behandelt bzw. beschlossen werden:
- Die SVB werden künftig von einem statt bisher von 2 Gesellschaftern geführt
- Kündigung des Vertrages eines Geschäftsführers
- Persönliche Vorstellung eines von der Rhenag benannten Geschäftsführers
- Bestellung eines neuen Geschäftsführers
Inhaltliche Ausführungen zu diesen sehr komplexen und weitgehenden Vorschlägen waren in der Vorlage nicht enthalten.

Zu den Gründen der Beanstandung

Es war von Anfang an offensichtlich, dass eine seriöse Behandlung dieser schwierigen Materie ohne schriftliche Unterlagen, ohne ausreichende Vorbereitungszeit und unter diesem enormen Zeitdruck nicht möglich war. Unter Hinweis auf diese Tatsache wurde von Sitzungsteilehmern auch eine Vertagung der Sitzung gefordert.

§ 113 (1) GO NRW lautet: "Die Vertreter der Gemeinde in .... Gesellschafterversammlungen ... haben die Interessen der Gemeinde zu verfolgen". Das heißt in diesem Fall, dass über eine Ausschreibung der Stelle die am besten geeignete Person gesucht werden muss. Hier wurde jedoch auf jede Ausschreibung verzichtet, sondern nur ein vom Vorstand der Rhenag benannter Bewerber präsentiert und gewählt.

Die Pflicht zur Ausschreibung der Stelle ergibt sich auch aus dem Landesgleichstellungsgesetz, da die Geschäftsführung von Versorgungsbetrieben mit Sicherheit zu den Bereichen gehört, in denen Frauen deutlich unterrepräsentiert sind.
§2(3) Landesgleichstellungsgesetz lautet: "Gehört einer Gemeinde die Mehrheit der Anteile eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts, wirken die Vertreterinnen und Vertreter darauf hin, dass in dem Unternehmen die Ziele des Gesetzes beachtet werden."
Dieser klaren gesetzlichen Verpflichtung ist die Mehrheit der Mitglieder des HFA leider nicht nachgekommen.

Wegen der völlig unzureichenden inhaltlichen Vorbereitung des Bürgermeisters konnte die Frage, ob §113(4) ("Ist der Gemeinde das Recht eingeräumt worden, Mitglieder des Vorstands oder eines gleichartigen Organs zu bestellen oder vorzuschlagen, entscheidet der Rat ) hier anzuwenden ist, in der Sitzung nicht geklärt werden. Angesichts dieser Lage hätte der Geschäftführer erst nach der zweifelsfreien Klärung dieses Punktes bestellt werden dürfen.

Angesicht dieser Verstöße gegen geltendes Recht, aber auch gegen das Recht jedes einzelnen Mitglieds der Gesellschafterversammlung auf umfassende Information über die Auswirkungen seiner Beschlüsse, fordern wir Sie auf, die oben genannten Beschlüsse zu beanstanden.
Wegen der Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frau und Mann erlauben wir uns, dieses Schreiben auch der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Siegen zuzuleiten.

In Erwartung Ihrer baldigen Antwort verbleiben wir mit freundlichen Grüßen


für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
im Rat der Stadt Siegen

Joachim Boller      
Stadtverordneter

Ratsmitglieder

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